Ich wurde am 21. November 1949 als Sohn von Walter Johann und Maria Pia Herzog-Bauer geboren. Mein Vater (1917–1992) war Automobiltechniker und bis zu seiner Pensionierung Abteilungsleiter in einer Grossgarage in Winterthur. Meine Mutter (1922–2001) war Arbeits‑ und Hauswirtschaftslehrerin und Hausfrau. Da mein Geburtsort verschiedentlich falsch – als Homburg oder Steckborn – angegeben wird, sei hier festgehalten, dass ich in Winterthur (ZH) geboren wurde, in Homburg (TG) heimatberechtigt bin und in Steckborn (TG) meine ersten Lebensjahre verbrachte, eingeschlossen ein (kurzer) Besuch des Kindergartens.
Nachdem meine Eltern nach Wiesendangen (ZH) umgezogen waren, besuchte ich von 1956 bis 1962 die Primar‑ und von 1962 bis 1965 die Sekundarschule in dieser damals noch sehr bäuerlich geprägten Nachbargemeinde von Winterthur.
Nach Vollendung der obligatorischen Schulzeit besuchte ich nach bestandener Aufnahmeprüfung ab Frühjahr 1965 an der Kantonsschule im Lee Winterthur die Oberrealschule (Mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium). Im Herbst 1969 bestand ich die Maturitätsprüfung (Typus C).
Im Wintersemester 1969/70 begann ich an der Universität Zürich ein Studium mit Schwerpunkt in den Fächern Psychologie, Soziologie, Philosophie und Pädagogik. Einen Teil meines Studiums verdiente ich als Musiker (Posaunist) mit Engagements in verschiedenen Formationen. Mein zweites Studiensemester musste ich aussetzen, da ich auf den 2. Februar 1970 in die Rekrutenschule aufgeboten wurde, die ich in der Funktion eines Trompeters ableistete.
Mehrmals habe ich während meines Studiums im Rahmen von Stellvertretungen unterrichtet, um schulische Erfahrungen zu sammeln, so 1972 und 1973 an der «Neuen Schule Zürich» (Abteilung Sekundarschule sowie Realschule und Handelsschule), ebenfalls 1973 am Lehrerseminar Aarau, 1974 an der Berufsmittelschule Wetzikon und am «Institut für Kaderschulung» Zürich und später (nach Abschluss des Studiums) im Rahmen von Lehraufträgen an der «Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule» (1976), an der «Schule für Soziale Arbeit» (1982 und 1983) und am «Heilpädagogischen Seminar» (1984). In meinem Studienschwerpunkt Angewandte Psychologie habe ich im Sommersemester 1973 im Proseminar «Psychodiagnostische Verfahren mit Übungen» und im Wintersemester 1973/74 im Proseminar «Berufsaufgaben der angewandten Psychologie» eine Hilfsassistenz wahrgenommen.
Mein Studium schloss ich 1975 mit den Lizentiatsprüfungen (Hauptfach: Psychologie, 1. Nebenfach: Soziologie,
2. Nebenfach: Pädagogik) ab. Die Lizentiatsarbeit mit dem Titel «Zum theoretischen Bezugsrahmen einer semiotischen Ausdruckspsychologie» wurde von Prof. Dr. Hans Biäsch betreut. Dabei geht es um die Frage, wie weit sich semiotische Konzepte für die Erneuerung der Ausdruckspsychologie nutzen lassen. Ich war einer der letzten Studierenden von Professor Biäsch und hatte die Ehre, noch von ihm persönlich – obwohl bereits emeritiert – geprüft zu werden. Bei seinem Nachfolger Prof. Dr. François Stoll hatte ich im Sommersemester 1974 im Proseminar «Psychodiagnostische Verfahren mit Übungen» eine Hilfsassistenz inne.
Nach Abschluss des Studiums wurde mir von Prof. Dr. Konrad Widmer am Pädagogischen Institut der Universität Zürich eine Assistentenstelle (50%) im Fachbereich Pädagogische Psychologie angeboten, die ich per 1. Januar 1976 als Stellvertreter für den beurlaubten Fritz Oser antrat. Neben Mitwirkung in der Lehre (u.a. Einführung in die Forschungsmethoden der Erziehungswissenschaft), realisierte ich auf Anregung von Professor Widmer ein Forschungsprojekt zur beruflichen und pädagogischen Situation der Turn‑ und Sportlehrer an deutschschweizerischen Gymnasien und Lehrerseminaren, das von der eidgenössischen «Expertenkommission für sportwissenschaftliche Forschung» gefördert wurde. Zusammen mit Bruno Meile realisierte ich 1979 eine Festschrift zum 60. Geburtstag von Professor Widmer. Daneben arbeitete ich an meiner Dissertation zum Thema «Modell und Theorie in der Psychologie». Die Dissertation wurde 1980 abgeschlossen. Im gleichen Jahr erfolgte die Promotion.
Per 1. Juni 1976 wurde meine befristete Assistenz in eine reguläre Anstellung im Umfang einer vollen Stelle umgewandelt. Auf den 1. März 1981 wurde ich zum ständigen wissenschaftlichen Mitarbeiter am Pädagogischen Institut der Universität Zürich befördert. Von 1982 bis 1991 war ich nebenamtlich Redaktor der Zeitschrift «Bildungsforschung und Bildungspraxis» (heute: «Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften»), die von der Schweizerischen Gesellschaft für Bildungsforschung herausgegeben wird. Von 1988 bis 1991 war ich zudem Mitglied der Redaktionskommission für den «Pädagogischen Teil» des Schulblatts des Kantons Zürich. Im Sommersemester 1983 erfüllte ich einen Lehrauftrag am Psychologischen Institut der Universität Bern. Verschiedentlich habe ich in diesen Jahren auch Weiterbildungsveranstaltungen durchgeführt, insbes. für Lehrpersonen.
Für die Zeit vom 1. April bis zum 30. September 1984 sprach mir die Kommission zur Förderung des akademischen Nachwuchses der Universität Zürich ein Stipendium zu, das es mir erlaubte, meine Habilitationsschrift in ihren Grundzügen zu erstellen. Mitte März 1985 konnte ich die Habilitationsschrift abschliessen und unter dem Titel «Metatheorie der Pädagogischen Psychologie. Eine Integration von Pädagogik und Psychologie auf erkenntnistheoretischer und organismischer Grundlage» an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich einreichen. Die Habilitationsschrift steht für mein Interesse an einem Thema, das mich seit Anfang meiner Assistentenzeit nie mehr losgelassen und während meiner akademischen Karriere immer wieder beschäftigt hat, nämlich das Verhältnis der beiden Disziplinen Pädagogik (Erziehungswissenschaft) und Psychologie. Die Habilitationsschrift blieb unveröffentlicht, einerseits weil sie für eine Publikation zu umfangreich war (868 Seiten), andererseits weil ich mit dem Ergebnis bald einmal nicht mehr zufrieden war. Mein Habilitationskolloquium fand am 2. Mai 1986 statt.
Die Ernennung zum Privatdozenten erfolgte auf Beginn des Wintersemesters 1986/87. Die venia legendi wurde mir für das Gebiet der «Pädagogik, unter besonderer Berücksichtigung der Pädagogischen Psychologie» erteilt. Am 15. Juni 1987 hielt ich meine Antrittsvorlesung zum Thema «Die Verheissungen der Kindheit – Pädagogik der Postmoderne?» in der Aula der Universität Zürich Zentrum.
Neue Zürcher Zeitung vom 13./14. Juni 1987
Nach dem unerwarteten Tod von Professor Widmer, der kurz nach seiner Emeritierung am 14. Juni 1986 verstarb, übernahm ich für die Zeit bis zur Wiederbesetzung der Stelle mit Prof. Dr. Helmut Fend, der auf das Wintersemester 1987/88 von Konstanz nach Zürich wechselte, interimistisch die Leitung des Fachbereichs Pädagogische Psychologie. Damit verbunden war die Betreuung und Begutachtung einer grossen Zahl von Lizentiatsarbeiten, die zum Teil noch bei Professor Widmer begonnen wurden, sowie die Prüfung der Kandidatinnen und Kandidaten, die Pädagogische Psychologie als Studienschwerpunkte gewählt hatten. Auch ein grosser Teil der mündlichen Prüfungen der Sekundar- und Fachlehramtskandidatinnen und -kandidaten fiel in meine Zuständigkeit.
Dank eines Stipendiums des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) konnte ich von Mitte April 1988 bis Mitte April 1989 einen Forschungsaufenthalt realisieren, den ich zum grössten Teil am Institute of Human Development an der University of California in Berkeley verbrachte, wo ich vor allem mit Paul Mussen, Diana Baumrind und Elliot Turiel regelmässig Kontakt hatte. Ursprünglich geplant war auch eine Kooperation mit Norma Haan, die jedoch leider vorzeitig verstarb.
In Berkeley lebte ich in Untermiete bei Jay Capachi, einem Zahnarzt, und dessen Kater Leo, weit oben in den Berkeley Hills an der Creston Road mit fantastischem Ausblick auf San Francisco und die Bay Area. Unterwegs war ich mit einem Honda CRX (1986), den ich im Van Ness Auto Plaza an der Van Ness Avenue in San Francisco gekauft hatte und vor meiner Rückreise an eine türkischstämmige Polizistin aus Oakland weiterverkaufte. Aus dem Forschungsaufenthalt ist eine Monographie hervorgegangen: «Das moralische Subjekt. Pädagogische Intuition und psychologische Theorie».
Nach der Rückkehr aus den USA wurde ich an der Universität Zürich auf den 16. April 1989 zum Assistenzprofessor für Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogischen Psychologie ernannt. 1991 begann ich mit einem Forschungsprojekt zum Thema «Familiäre Erziehung, Fremdbetreuung und generatives Verhalten», das im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms (NFP) 29 vom SNF gefördert wurde.
1991 erhielt ich einen Ruf auf ein Ordinariat für Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik und der Pädagogischen Psychologie an der Universität Bern, dem ich per 1. Oktober desselben Jahres Folge leistete. Neben vielen anderen, gratulierte mir auch Guido Schilling, der damalige Leiter der Turn- und Sportlehrerausbildung an der ETH, zu meinem Wechsel von Zürich nach Bern.
Im PIK fand Helmut Fend wohlwollende Worte zu meinem Abschied von Zürich. Meine Antrittsvorlesung in Bern zum Thema «Pädagogik und Psychologie – Nachdenken über ein schwieriges Verhältnis» hielt ich am 7. Mai 1992 in der Aula Muesmatt. Das in Zürich begonnene Nationalfondsprojekt konnte ich von Bern aus zu Ende führen. Sehr bald folgten weitere Drittmittelprojekte, wie 1994 «Koedukation im Physikunterricht», 1995 «Weltbild von Jugendlichen», 1997 «Sport als Medium der sozialen Integration», 1999 «AMIE», 2000 «Berufswahlprozess bei Jugendlichen» u.a.m. Auf die Forschungsprojekte gehe ich hier nicht weiter ein; sie werden in der Rubrik «Forschung» auf dieser Homepage vorgestellt, wo sich auch ein Überblick über die realisierten Projekte und deren Geldgeber findet.
Während ich zuvor kaum etwas mit der Grundausbildung von Lehrkräften zu tun hatte, wurde ich in Bern von Anfang an mit Fragen der Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung konfrontiert. Einerseits weil ich als Nachfolger von Prof. Dr. Hans Aebli die Leitung des von ihm 1971 ins Leben gerufenen (inzwischen aufgelösten) Studienganges für «Lehrer und Sachverständige der Erziehungs‑ und Bildungswissenschaften» (LSEB) übernahm. Bei diesem Studiengang handelte es sich um eine berufsbezogene Ausbildung für Seminarlehrkräfte, die direkt der Erziehungsdirektion unterstellt war, besondere Aufnahmebedingungen kannte und eine eigene, kantonale Prüfungskommission hatte. Andererseits weil das Pädagogische Institut, das ab 1993 «Institut für Pädagogik» hiess, zwar kein Lehrerbildungsinstitut war, sich aber an der Ausbildung der Sekundar‑ und Gymnasiallehrkräfte beteiligte. Hier liegt auch der Grund, weshalb die beiden (damaligen) Professoren des Instituts für Pädagogik nicht nur der Philosophisch-historischen Fakultät angehörten, sondern auch Mitglieder der «Konferenz der Lehrerbildungsinstitutionen» (KL), einer gesamtuniversitären Einheit, waren. Sinnigerweise war das Institut für Pädagogik im ehemaligen Berner Oberseminar untergebracht, einem herausgeputzten Jugendstilgebäude im Muesmattquartier.
Die Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung rückte auch dadurch in mein Aufmerksamkeitsfeld, dass in den 1990er Jahren viele Kantone begannen, ihre Lehrerbildungsinstitutionen zu reformieren. Der Kanton Bern übernahm eine Vorreiterrolle, insofern er die vollständige Integration der Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung in die Universität anstrebte. Umgesetzt wurde allerdings lediglich eine sogenannte Angliederung an die Universität im Rahmen einer Kantonalen Konferenz der Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung (KKL). Das dazu erforderliche Gesetz über die Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung (LLBG) wurde vom Grossen Rat am 9. Mai 1995 verabschiedet.
Das LLBG sah neben dem Institut für Pädagogik ein eigenes Institut für Schulpädagogik sowie einen eigenen Lizentiatsstudiengang für Schulpädagogik vor. Dafür sollten Mittel für eine Professur für Schulpädagogik und Professuren für Fachdidaktik aus der bisherigen universitären Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung zur Verfügung gestellt werden. Gegen die Einrichtung eines solchen ‹Konkurrenzinstituts› wehrten sich die beiden Professoren des Instituts für Pädagogik – das waren damals Jürgen Oelkers und ich – erfolgreich, allerdings mit der Konsequenz, dass wir durch Beschluss des Regierungsrates vom 17. März 1999 das Institut für Pädagogik auf den Beginn der neuen Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung in «Institut für Pädagogik und Schulpädagogik» (IPSP) umbenennen und unseren Studiengang analog neu bezeichnen mussten. Zudem wurden die Professoren des Instituts verpflichtet, über ihren bisherigen Lehrauftrag hinaus auch Schulforschung zu betreiben. Darin liegt der Grund, weshalb die Denomination meiner Professor im Rahmen desselben Regierungsratsbeschlusses auf «Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogischen Psychologie, Didaktik und Schulforschung» erweitert wurde. Bis zu meiner Emeritierung blieb es bei dieser Bezeichnung.
Den Professoren des IPSP wies das LLBG eine zentrale Rolle zu, insofern sie nicht nur Mitglied der KKL sein sollten, sondern diese im vierjährigen Wechsel mit einem Leiter oder einer Leiterin eines Lehrerbildungsinstituts auch zu präsidieren hatten, nebst dem Vizepräsidium, das sie zwischenzeitlich zu stellen hatten – für ein Institut mit gerade einmal zwei Professoren keine Nebensächlichkeit. Immerhin sah das LLBG vor, das Institut um zwei Abteilungen zu erweitern. Ein Strukturbericht der Philosophisch-historischen Fakultät legte diese im Rahmen der Vorgaben des LLBG auf Bildungssoziologie und Fachdidaktik fest, wobei allerdings offen blieb, welche Fachdidaktik es sein sollte und ob allenfalls mehrere eingerichtet werden konnten. Der Strukturbericht wurde von der Fakultät am 23. Juni 1997 mit grosser Mehrheit verabschiedet.
Prof. Dr. Jürgen Oelkers, der am IPSP die Allgemeine Pädagogik vertrat, folgte per 1. März 1999 einem Ruf an die Universität Zürich. Zu seinem Nachfolger wurde Prof. Dr. Fritz Osterwalder ernannt, der seine Tätigkeit am 1. September 2000 aufnahm. Auf den 1. September 2000 wechselte auch Prof. Dr. Hans Badertscher vom Sekundarlehramt ans IPSP. Sein Auftrag war, die neu geschaffene Abteilung für Fachdidaktik aufzubauen und Vorschläge für das Profil der anzubietenden Fachdidaktik(en) zu erarbeiten. Die neue Professur für Bildungssoziologie und Schulforschung (wie die Denomination schliesslich lautete) wurde gemeinsam mit der Wiederbesetzung der Professur für Allgemeine Pädagogik ausgeschrieben, konnte aber erst im zweiten Anlauf auf den 1. April 2004 mit Prof. Dr. Rolf Becker besetzt werden – nota bene zu einem Zeitpunkt, als bereits klar war, dass das Modell der Angliederung der Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung an die Universität gescheitert war und das LLBG durch ein neues Gesetz abgelöst werden wird.
Ein Jahr vor dem operativen Beginn der neuen Lehrerbildung wurde ich vom Regierungsrat des Kantons Bern auf den 1. September 2000 zum Präsidenten der KKL ernannt. Diese wurde von Erziehungsdirektor Mario Annoni am 27. Oktober 2000 eröffnet.
Meine Ansprache hielt ich zum Thema «Eine neue Ära der Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung». Organisatorisch galt es, ein fakultätsähnliches Gebilde aufzubauen, was nicht nur viel Zeit und Energie kostete, sondern auch viel Phantasie und Durchsetzungswillen erforderte. Angesichts der starken Beanspruchung durch das Präsidium der KKL, das eigentlich ein Nebenamt hätte sein sollen, faktisch aber weit darüber hinausging, war ich froh, dass ich auf den 1. Oktober 2002 die Geschäftsführung des IPSP, die ich von Jürgen Oelkers übernommen hatte, nach dreieinhalb Jahren an Fritz Osterwalder weitergeben konnte.
Dies auch, weil sich bald herausstellte, dass das Konstrukt der Angliederung Mängel aufwies, nicht weil die KKL und ihre vielen Ausschüsse und Arbeitsgruppen schlechte Arbeit geleistet hätten, sondern konzeptuell. Einige der Probleme, vor allem in Bezug auf das IPSP, lassen sich einem Schreiben entnehmen, das ich – noch als geschäftsführender Direktor des IPSP – an den Rektor der Universität Bern gerichtet hatte. Noch vor Eröffnung der neuen Studiengänge am 1. September 2001 wurde im Grossen Rat eine Motion eingereicht, die die Schaffung einer Pädagogischen Hochschule verlangte. Die Motion wurde für verbindlich erklärt, was faktisch auf die Ausarbeitung eines neuen Gesetzes hinauslief. Dieses wurde zügig vorangetrieben, bereits am 1. Juli 2003 in die Vernehmlassung gegeben und am 8. September 2004 vom Grossen Rat verabschiedet.
In der «Berner Zeitung» (links) und im «Bund» (rechts) wurde am 2. Juli 2003 über den Beginn der Vernehmlassung
berichtet.
Das «Gesetz über die deutschsprachige Pädagogische Hochschule» (PHG) sah vor, dass auch die pädagogisch-didaktische Ausbildung der Gymnasiallehrkräfte an der Pädagogischen Hochschule stattfindet. Obwohl dies bereits das LLBG gefordert hatte, war lange Zeit unklar, ob die Sekundarstufe II nicht an der Universität verbleiben konnte, gelang es dem «Höheren Lehramt» (HLA) doch in der Frage der Ansiedlung der Gymnasiallehrerausbildung ein Moratorium zu erwirken. Ich selber hatte im Vorfeld der Ausarbeitung des PH-Gesetzes ein Memorandum verfasst, in dem ich für den Verbleib der Gymnasiallehrkräfte‑, aber auch der Sekundarlehrkräfteausbildung, an der Universität Bern plädierte. Das Echo in den Fakultäten und bei der Universitätsleitung war jedoch gering; eine gemeinsam Erklärung (wie von mir intendiert) kam nicht tzustande. Die Universitätsleitung sprach sich im Juni 2002 sogar explizit für die Integration aller Stufenausbildungen in die Pädagogische Hochschule aus. Etwas von der turbulenten Situation im Umfeld der Ausarbeitung des PH-Gesetzes kommt in einem Bericht zum Ausdruck, den ich anfangs November 2002 zuhanden der Philosophisch-historischen Fakultät erstellte.
Auf den 1. März 2004 wurde ich vom Regierungsrat zum Präsidenten des Gründungsschulrates der Pädagogischen Hochschule Bern (PHBern) ernannt. Zusammen mit dem Gründungsrektor Prof. Dr. Hans Peter Müller und den übrigen Mitgliedern des Gründungsschulrates galt es erneut, Aufbauarbeit zu leisten, auch wenn wir uns auf Vieles stützen konnten, was von der KKL erarbeitet wurde. Ihren Betrieb nahm die PHBern am 1. September 2005 auf. Die Eröffnungsfeier fand am 4. November 2005 statt. Als Gastredner konnten wir Prof. Dr. Peter Bieri gewinnen, der zur Frage «Wie wäre es, gebildet zu sein?» referierte. Meine eigene Ansprache hielt ich zum Thema «Vermittlung als Lebensform».
2005 war auch in meinem universitären Leben, das ich trotz starker Absorption durch die Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung nach wie vor führte, ein wichtiges Jahr. Seit meinem Wechsel nach Bern erlebte ich immer wieder, wie die Philosophisch-historische Fakultät unter dem Druck unzureichender Ressourcen zunächst dem Pädagogischen Institut, dann dem Institut für Pädagogik und schliesslich dem Institut für Pädagogik und Schulpädagogik Mittel entzog, um den periodisch wiederkehrenden Sparaufträgen der Universität nachzukommen oder eigene Planungsfehler zu korrigieren. Angeregt durch die Kolleginnen und Kollegen vom Institut für Psychologie, die sich in der
Fakultät aus anderen Gründen zunehmend unwohl fühlten, ent-stand die Idee zu einer neuen Fakultät. Gemeinsam mit dem Institut für Sport und Sportwissenschaft, das sich in den voraus-gehenden Jahren unter der Leitung von Prof. Dr. Kurt Egger von einem Lehrerbildungsinstitut in ein Institut mit akademischem Profil verwandelte, schufen wir mit Unterstützung der Universitäts-leitung die Voraussetzungen zur Gründung der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät, deren Eröffnung am 1. Septem-ber 2005 erfolgte.
Die zeitliche Koinzidenz mit der Eröffnung der PHBern ist dafür verantwortlich, dass sich unser Institut erneut umbenannte. Um uns vom berufsbildenden Auftrag der Pädagogischen Hochschule abzugrenzen und unsere wissenschaftliche Ausrichtung zu betonen, gaben wir uns den Namen «Institut für Erziehungswissenschaft» (IfE). Bleibt noch zu erwähnen, dass 2005 auch das Jahr der Bolognareform unserer Studiengänge war, die zeitgleich mit der Eröffnung der neuen Fakultät in Kraft gesetzt wurden.
Der Bund vom 23. Februar 2007
Allmählich schien mir die Zeit reif, um mich wieder vermehrt meinen akademischen Interessen zuzuwenden. Nach siebenjährigem Engagement für die Berner Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung in Zeiten, die wenig Gelegenheit für dolce far niente boten, bin ich auf den 31. August 2007 als Präsident des Schulrates der PHBern zurückgetreten. Dabei spielte mit eine Rolle, dass mit der Umsetzung des PHG eine Entflechtung der Zuständigkeiten und Mittel anstand, die mich in meiner doppelten Funktion als Mitglied des Instituts für Erziehungswissenschaft und Präsident des Schulrates in Interessens‑ und Loyalitätskonflikte hätte bringen können.
Dass ich die Lage nicht falsch eingeschätzt hatte, zeigte sich, als es darum ging, die Nachfolge von Prof. Dr. Hans Badertscher zu regeln, der auf den 31. Januar 2009 in den Ruhestand trat. Allein schon die Tatsache, dass es erst auf den 1. August 2013 gelang, die Stelle wieder zu besetzen, nun als Professur für Schul‑ und Unterrichtsforschung, kann belegen, welcher Zerreissprobe das IfE in jener Zeit ausgesetzt war.
Zur Emeritierung von Hans Badertscher veranstatelte das IfE zu seinen Ehren ein Symposium zum Thema «Grenzen der Didaktik».
In guter Erinnerung ist mir die stimmungsvolle Feier zu meinem 60. Geburtstag, die meine Kollegen Becker und Osterwalder sowie meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisiert hatten; dabei wurde mir auch eine Festschrift mit dem sinnigen Titel «Die Zeit der Pädagogik» überreicht.
Mein starkes Engagement in der Lehrerinnen‑ und Lehrerbildung brachte es mit sich, dass ich wenig Zeit fand für Gremienarbeit in der Scientific Community. Von 1999 bis 2006 war ich Mitglied des Vorstandes der Schweizerischen Gesellschaft für Bildungsforschung und auch mehrfach gedrängt worden, deren Präsidium zu übernehmen, jedoch wäre dies – auch angesichts des starken Zulaufs von Studierenden mit Pädagogischer Psychologie als Studienschwerpunkt – zu einer zu starken Belastung geworden. Auch Anfragen für den Einsitz in Gremien des SNF habe ich – mit Ausnahme der Forschungskommission der Universität Bern – stets mit dem Hinweis auf die starke Auslastung durch meine leitende Funktion in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung abgelehnt. Dasselbe gilt für das Amt des Dekans der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät, das ich mir, nachdem ich eben das Präsidium des Schulrats der PHBern abgegeben hatte, nicht zumuten wollte.
Dass ich meine akademischen und professoralen Pflichten trotz allem nicht vernachlässigt habe, kann eine Zusammenstellung der Kommissionen zeigen, deren Mitglied ich während längerer oder kürzerer Zeit war. Aktiv war ich stets auch in der universitären Weiterbildung, etwa in verschiedenen Durchgängen des Nachdiplomstudiums Fachdidaktik, im Zertifikatskurs Weiterbildungsmanagement oder im Rahmen des Weiterbildungsprogramms Evaluation, dessen Programmleitung ich nach der Emeritierung von Prof. Dr. Karl Weber auch präsidiert habe. Auch Gutachten für Institutionen der Forschungsförderung (wie SNF, SAGW, DFG u.a.) sowie Peer-Reviews für Zeitschriften habe ich in meinem akademischen Leben reichlich geschrieben.
Nach dem Ausscheiden aus dem Schulrat der PHBern hatte ich wieder mehr Zeit für Forschung und Lehre, wobei ich die Forschung allerdings nie wirklich vernachlässigt habe. In der Lehre wechselte ich die Präsentationsform meiner Vorlesungen sukzessive von Hellraumprojektor auf Powerpoint, was nicht immer leicht war, da ich meine langjährige Praxis, zu den Vorlesungen Synopsen abzugeben, beibehalten wollte, den Einsatz der beiden Medien aber aufeinander abstimmen musste. Bis zur Emeritierung hat es gerade gereicht, um alle Lehrveranstaltungen auf Powerpoint umzurüsten. Zudem liegen einige Vorlesungen auch als podcasts vor.
Auch für Publikationen fand ich wieder etwas mehr Zeit, wobei ich es vor allem schätzte, das eine oder andere Thema wieder etwas ausführlicher (sprich: in monografischer Form) darlegen zu können. Davon zeugen die in den letzten Jahren entstandenen Bücher «Pädagogik und Psychologie. Eine Einführung» (2006), «Wissenschaftstheoretische Grundlagen der Psychologie» (2012) und «Bildungsstandards – eine kritische Einführung» (2013).
Ich nahm wieder häufiger Einladungen zu Referaten und Diskussionen an, wobei bildungspolitische Themen vermehrt in den Vordergrund rückten. 2008 setzte ich mich dafür ein, dass Arthur Bill, dem langjährigen Leiter des Kinderdorfes Pestalozzi in Trogen sowie Begründer und ersten Leiter des Schweizerischen Katastrophenhilfekorps (heute: Schweizerisches Korps für humanitäre Hilfe), der Ehrendoktortitel der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät verliehen wurde.
2011 habe ich zusammen mit Kollegen wie Rolf Dubs, Allan Guggenbühl, Urs Haeberlin, Fritz Osterwalder, Roland Reichenbach u.a. unter dem Titel «Mehr Bildung – weniger Reformen» ein Memorandum gegen die übertriebene Hektik in der schweizerischen Bildungspolitik verfasst.
Nachdem ich zuvor schon zwei Tagungen und zwei Kongresse organisiert hatte – 1995 «Koedukation im Naturwissenschaftsunterricht», 1996 «Schule und Soziale Arbeit», 2001 «Kulturelle Vielfalt als Herausforderung» und 2003 «Schule und Familie» –, folgten 2008 eine Tagung zu «Pädagogische Ansprüche an Tagesschulen» und 2014 die ALM-Konferenz, das jährliche Treffen des Forums Adults Learning Mathematics, das in diesem Jahr erstmals in der Schweiz durchgeführt wurde. Natürlich ist keine dieser Veranstaltungen mein alleiniges Verdienst; ich wurde wesentlich unterstützt von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie weiteren Personen. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren mir stets eine wichtige Stütze bei meiner Arbeit. Einigen konnte ich meine Dankbarkeit anlässlich eines Abteilungsanlasses oder Abschiedsapéros erweisen, bei anderen musste es bei persönlichen Dankesworten bleiben, die ich an dieser Stelle jedoch gerne in corpore bestärke.
Als besonders erfreulich erachte ich es, dass ich während meiner Zeit in Bern nicht nur eine grosse Zahl von Lizentiats- und Masterarbeiten sowie Dissertationen betreuen durfte, sondern auch fünf Habilitationen zum erfolgreichen Abschluss führen konnte. Drei davon fallen in die letzten zehn Jahre meiner Tätigkeit an der Universität Bern. In zwei Fällen handelt es sich um weibliche Nachwuchswissenschaftlerinnen, wobei ich dies nur deshalb erwähne, weil es in den 1990er Jahren fast aussichtslos war, begabte junge Frauen für eine akademische Karriere in Erziehungswissenschaft zu motivieren.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass das IfE 2013 das idyllische Seminargebäude an der Muesmattstrasse verlassen musste und mit anderen, vor allem sozialwissenschaftlichen Instituten, dem Institut für Psychologie sowie der Pädagogischen Hochschule ins neue Hochschulgebäude an der Fabrikstrasse 8 umgezogen ist. Meine letzten drei Semester an der Universität Bern verbrachte ich in neuer, aber keineswegs weniger attraktiver Umgebung. Meine Abschiedsvorlesung hielt ich am 3. Dezember 2014. Auf den 31. Dezember 2014 wurde ich emeritiert.
Treu geblieben über die Emeritierung hinaus bin ich dem Amt des Hauptexperten für die gymnasialen Fächer Pädagogik und Psychologie, das ich am 1. August 2011 übernommen hatte und das mit einer Mitgliedschaft in der Kantonalen Maturitätskommission (KMK) des Kantons Bern verbunden ist. 2021 werde ich es – nach genau zehn Jahren – an meine Nachfolgerin übergeben.